Der Zeitenhund

Teil 1 - Auf den Hund gekommen

Meine Ablage ist eine Macht. Deswegen habe ich in einer Ecke der Dateiablage die alten Geschichten über den Zeitenhund wieder gefunden. Ich schrieb sie ab 2011 in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen für mein damaliges Weblog. Das gibt es nicht mehr. Deswegen überarbeite ich die Geschichten ganz leicht und veröffentliche sie hier. Viel Spaß.

Der Zeitenhund - Auf den Hund gekommen

Die Frau putzte Staub. Saisonal bedingt. Ansonsten versuchen wir solch lästigen Arbeiten mit genügend Durchzug beizukommen. Aber der Staub hatte sich zu einer festen Schicht vereinigt und wir hatten Angst, die schweren Filzmatten könnten uns ernsthaften Schaden zufügen. Wir dachten an uns. An den kleinen Rauhaardackel dachte niemand. Leo, einer der kleinsten lebenden Rauhaardackel, musste sein nicht mehr junges Leben lassen, weil der FamS beim Staubwischen die Wanduhr herunterfiel. Dackelköpfe scheinen nicht viel Widerstandskraft zu besitzen.

Es entstand für Wochen ein unhaltbarer Zustand in unserem Haus. Die Frau, entsetzt darüber was Putzen für ungeahnte Folgen haben konnte, schaute alle alten Folgen von Kennzeichen »D« nacheinander. Die Tochter war nicht mehr vom Grab des Hundes zu trennen, dessen Stunde, äh, ja, geschlagen hatte. Ich vermisste die Tretmine nicht wirklich, konnte aber die Familie schlecht leiden sehen. Kurzum, wir beschlossen uns nach einem neuen Familienbeschützer umzusehen. Die Frau bestand unbedingt auf einen größeren, die Tochter auf einen langlebigeren Hund.

Im Tierheim angekommen, erzählten wir natürlich nichts von unserem Malheur mit Leo. Nur die Tochter hielt nicht an sich, sodass wir ca. fünf Minuten nach unserer Ankunft bereits einem Kreuzverhör von mindestens 4 Angestellten beiwohnten, dessen Mittelpunkt wir waren. Wir kamen aus der Nummer raus, nachdem die Frau und ich glaubhaft versicherten, die Uhrengeschichte sei dem Kind nur erzählt worden, damit sie die Umstände verstehen könne. Missbilligende Blicke straften uns der Lüge an unserem Kind.

Trotzdem ließ man uns in die Zwingerbereiche des Tierheims. Ein für mich gruseliger Ort. Ich bin kein fanatischer Hundeliebhaber, aber dass Menschen ihrem angeblich besten Freund so etwas antun können, verschlägt selbst mir die Sprache. Ich will es mal so ausdrücken, bin ich erstmal drinnen und sehe das Elend der Tiere, möchte ich sie alle mitnehmen und in den Garten setzen. Leider war dies nicht möglich. Schon gar nicht, wenn sie durch den Gang gehen und sie ein Hund von der Seite aus anspricht. Da kommen einem noch gruseligere Gedanken.

»He! Schau mal rüber, Mensch. Ja. Du. Ach komm. Jetzt tu nicht so, als wenn du mich nicht hören könntest.«, wisperte eine Stimme rechter Hand von mir. Da waren aber nur Hundekäfige mit kläffenden Hunden. Außer einem. Ich würde sagen, dass dieser Hund der wohl größte, grau-beige gefärbte Hund war, den ich jemals sehen sollte. Das wusste ich da zwar noch nicht, aber ich war mir bereits sicher, er wäre der größte Hund. Stieren Blicken schaute ich, halb gedreht in den Käfig hinein und hob langsam den Arm, um auf den sprechenden Hund zu zeigen. Dann machte es wusch, etwas öffnete und schloss sich sofort wieder.

Im nächsten Augenblick fand ich mich in unserem Treppenhaus wieder und zog meine Schuhe an. Ich stockte, sah Frau und Tochter selbiges machen. Ich sagte nichts, fragte nur, ob sie schon eine Vorstellung von dem Hund hatten. Von da an durchlebte ich die exakt selbe Situation wieder. Und bis ich begriff passierte das fünf Mal. Die Fahrt durch den Kreisverkehr, das Kreuzverhör und das mulmige Gefühl beim Betreten der Zwingerbereiche im Tierheim. Doch beim fünften Mal zeigte ich nicht auf den Hund, der groß wie ein Schaf in seinem Käfig eindeutig grinste, als er zu mir sagte »Na, schon wieder da?«. Frau und Tochter starrten auch auf den Hund. Nur aus anderen Gründen. Für die Uhrenmörderin war er grade groß genug, um selbst einer Standuhr die Stirn zu bieten, die Tochter meinte, ein so großer Hund lebe viel länger. Ich verstand zwar nichts, aber das war egal. In einer harmonischen Familie muss man das auch nicht. Die anderen wussten ja bis dahin auch nichts von den Zeitreisen.