Viele denken, das alle Menschen so denken wie sie.
Oder denken erst gar nicht über die Struktur ihres Denkens nach.
Da ich mir als „Legastheniker“ der Struktur meines Denkens vermutlich mehr bewusst bin als normale Menschen (nicht Legastheniker), möchte ich ihnen einen Einblick in die Struktur meines Denkens gewähren. Die Grundstruktur meines Denkens sind Bilder. Ich weiß nichts über Struktur ihres Denkens, deshalb erwähne ich hier, was für mich selbstverständlich ist. Wenn ich über etwas nachdenke, entsteht nach und nach in meinem Kopf ein Bild von einer Vorstellung, einer Struktur. Zu Anfangs hat dieses Bild nur wenige Details, ist aber von Anfang an, ein vollständiges Bild. Mit der Zeit bekommt das Bild immer mehr Details, man kann immer genauer erkennen, wie es strukturiert ist.
Warum erwähne ich das mit dem Bild?
Weil das Bild in meinem Kopf dreidimensional ist!
Ich kann es von allen Seiten untersuchen, kann es drehen, kann um das Bild herum gehen, kann es von allen Seiten betrachten. Kann Stellen finden, wo Details fehlen und diese hinzufügen.
In Meinem Kopf ist immer das ganze Bild von etwas, es gibt keine Fragmente, die Zusammenhangslos nebeneinander stehen. Für mich ist das „Denken“!
So nehme ich die Struktur meines Denkens war.
Warum erzähle ich ihnen das?
Weil Sie (die Gesellschaft) diese Struktur des Denkens als krankhaft bezeichnen.
Sie nennen es Legasthenie!
Die Schriftsprache und die Struktur meines Denken passen nicht zusammen.
Für mich sind alle Strukturen Bilder. Das gilt so natürlich auch für Texte und für die Wörter in den Texten. Wenn ich einen Text lese, entsteht Wort für Wort ein Bild von dem Text in meinem Kopf. Viele Wörter kann ich dabei ignorieren, da sie im Sinne des Gesamtbildes keine Bedeutung haben. Viele Buchstaben können auch einmal an einer falschen stehen, es wird mir gar nicht auffallen.
Das größte Problem sind die Wörter.
Wie schon erwähnt, sind alle Strukturen für mich dreidimensionale Bilder, das gilt leider auch für Wörter. Es ist absolut kein Vorteil, wenn man Wörter von allen Seite betrachten kann, da viele Wörter sich sehr ähnlich sehen. Im Zusammenhang mit einem vorgegebenen Text ist das keine Problem, hier ergibt sich schnell aus den vielen Bildern ein übergeordnetes klares Bild. Wenn man aber selbst einen Text schreiben will, hat man ein Problem.
Viele Bilder von Wörtern passen an einer Stelle in das Gesamtbild, ohne es zu stören. Es fällt mir ja nicht auf, da ich immer nur das Gesamtbild im Kopf habe. Das größte Problem sind Wörter die durch einen andern Buchstaben ihre Bedeutung verändern. Das kann mein Gehirn eigentlich fast gar nicht erfassen, es passt einfach nicht in die Struktur meines Denkens. Deshalb kommt es auch immer wieder vor, dass ich an manchen Stellen einfach das falsche Wort verwende, weil es so ähnlich aussieht wie das „richtige“ Wort.
Eigentlich halte ich die Struktur meines Denkens für einen sehr großen Vorteil.
Das Denken in Bildern ist sehr einfach und effizient. Man kann sich Bilder problemlos über Jahrzehnte merken. Manchmal verlieren sie über die Zeit an Details, aber die kann man bei bedarf ja wieder durch nachdenken hinzufügen.
Für das fehlerfreie Schreiben von Texten ist die Struktur meines Denkens allerdings denkbar ungeeignet. Trotzdem überwinde ich diesen blinden Fleck in meiner Wahrnehmung und schreibe Texte, bin dabei allerdings auf die Fehlertoleranz der Leser angewiesen.
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